Pharmaindustrie befürchtet planwirtschaftliche Einschnitte bei Medikamenten zu Lasten der Patienten

29.03.2017 | Obwohl die Krankenkassen dank der Solidarbeiträge der Pharmaindustrie mit einem deutlichen Plus von 81 Mio EUR das Jahr 2016 abschließen konnten, soll der Sparstift nun wieder bei den Medikamenten angesetzt werden. Da sich die Verhandlungen der Regierungsparteien zu den neuen Erstattungsregeln nun schon ziemlich in die Länge ziehen, befürchtet die Pharmaindustrie  ein unausgewogenes Paket, das letztendlich zu Lasten der Patienten geht. 

Der planwirtschaftliche Ansatz zieht sich durch das ganze Vorhaben. Mit wiederkehrenden Preissenkungen bei allen innovativen Produkten – und zwar unabhängig von deren Preis - wird eine Preisspirale nach unten in Gang gesetzt. Diese verfassungsrechtlich bedenkliche Vorgangsweise schadet sowohl Patienten als auch Unternehmen, da sie zu Verzögerungen bei der Markteinführung neuer Medikamente führen wird bzw. Medikamente vom Markt zurückgezogen werden könnten – was jetzt von der Politik offenbar in Kauf genommen wird. 

Gerade bei den niedrigpreisigen Arzneimitteln sind die geplanten Neuerungen laut Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des Fachverbandes der Chemischen Industrie für die Pharmaindustrie vollkommen inakzeptabel. Hier liegt Österreich bereits jetzt deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Mit den  drohenden Streichungsverfahren, mit denen der Hauptverband die Preise für Generika an das günstigste Medikament mit gleichem Wirkstoff anpasst, müsste die österreichische Pharmawirtschaft mit Anbietern aus Südostasien mithalten. „Es ist ausgesprochen verwunderlich, dass gerade die Regierungsparteien, die sonst immer für das Bestbieterprinzip und hohe soziale Standards eintreten, erwarten, dass österreichische Pharmaunternehmen nun preislich mit Firmen aus Billiglohnländern konkurrieren sollen“, äußert Hofinger ihr Unverständnis. Die Krankenkassen könnten dann auch nicht mehr garantieren, dass die Patienten mit den nötigen Mengen an Arzneimitteln versorgt werden können. 

Auch Ärztekammerpräsident Dr. Wechselberger weist in der aktuellen Ausgabe der Ärzte Woche (12/2017) darauf hin, dass die geplante Preisregelung zu einer weiteren Verzerrung des Marktes und zu einer Verschlechterung der Versorgungslage führe. „An sich sollten die derzeitigen Regelungen für die Zulassung und Preisbildung für Medikamente völlig ausreichend sein“, so Wechselberger. „Die Politik liefert erneut ein Beispiel unreflektierten Sparens. Wie schon so oft, versucht im Hintergrund der Hauptverband der Sozialversicherungsträger eigene Unzulänglichkeiten und Strukturprobleme durch neue Gesetzeswünsche zu überdecken, ohne das Gesamtbild eines modernen Gesundheitsversorgungssystems im Auge zu haben.“ 

Hofinger vermutet den wahren Grund für die Eingriffe in die Erstattung ebenfalls im ineffizienten System: „Durch die geplanten Einschnitte bei den Arzneimitteln soll offenbar der Reformbedarf in der Sozialversicherung ein weiteres Mal kaschiert werden.“  

Dabei wird jedoch am falschen Platz gespart, denn der Wert von Arzneimitteln sollte nicht an den Kosten, sondern am Nutzen berechnet werden. Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem dank moderner Medikamente durch Verkürzungen von Krankenstandzeiten und stationären Aufenthalten, Verminderung von Invaliditätsfällen und krankheitsbedingten Frühpensionen sollten in die andere Waagschale gelegt werden.  

Mit einer unausgewogenen Einigung würde eine Chance vertan, eine nachhaltige und sinnvolle Lösung für alle Beteiligten, allen voran die Patienten, zu erarbeiten.  

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